Wolfgang Gnedt bekam ein sehr ungewöhnliches Weihnachtsgeschenk, als er erst 10 Jahre alt war. Es war nicht hochglanzverpackt und es war auch keine Weihnachtskarte dran. Dennoch strahlte es helle Freude aus und wurde seither zu einem Teil seines Lebens.
Es wird für immer fest in der Erinnerung des Jungen bleiben, der heute Österreichs Top-Badminton-Spieler ist ‒ denn das besondere Geschenk war eine Trainerstunde von Jürgen Koch, dem erfolgreichsten Wettkämpfer des Landes aller Zeiten.
Die Stunde fand im Sportzentrum von Wolfgangs Vater in Wimpassing statt, einer hübschen Kleinstadt etwa 15 Kilometer von der Wiener Neustadt entfernt (wo Dominic Thiem lebt), an der Hauptstraße nach Wien.
Der vielfache Matchgewinner Koch verbesserte die Fähigkeiten des Jungen so schnell, dass er ihn einfach weiter trainierte ‒ und hat Gnedts Entwicklung seit fast eineinhalb Jahrzehnten den Weg gebahnt. Das Christkind hätte es nicht besser treffen können.
„Ein wirklich harter Kämpfer”
„Wir hatten eine Art Verbindung”, erzählt Gnedt. „Jürgen kann sich den Bedürfnissen eines Spielers anpassen. Er fühlt, was auch der Spieler fühlt. Er gab mir die richtigen Tipps zur rechten Zeit, was zu Verbesserungen führte, und er hat wirklich fundierte Technikkenntnisse.”
Also kam Jürgen, als Wolfgang noch jung war, einmal im Monat weiter vorbei, um ihn zu trainieren. Und als er älter wurde, kam er zwei- oder dreimal pro Woche. Und seit Gnedt in den letzten zwei Jahren in die Nationalmannschaft aufgenommen wurde, sehen sie sich noch öfter.
Koch meint: „Er hat herausgefunden, was er machen muss, und er arbeitet wirklich hart an sich”. Koch fügt noch hinzu, dass sein Schützling, der derzeit auf der Weltrangliste etwa auf Platz 180 rangiert, das Zeug hat, „unter die besten 50 oder 20 der Welt” zu kommen.
Diese scheinbare Mehrdeutigkeit lässt sich so auslegen: Obwohl das Hauptziel von Gnedt ist, die Top 50 der Welt zu erreichen, spielen heute nur die besten 32 dieser Tage in den großen Turnieren. Und das ist die Ebene, auf der er mitmischen will.
„Vielleicht sagt er mir noch, dass er noch weiter kommen will”, meint Koch. „Ich glaube, er könnte es schaffen. Er ist vielleicht nicht das beste Naturtalent, aber er gleicht das durch sehr wettbewerbsfähige Taktik und große Disziplin aus.”
Die Wettkampfambitionen hätten nicht darunter gelitten, ist sich Gnedt sicher, als er letztes Jahr die Leitung des Wimpassinger Sportzentrums von seinem Vater übernommen habe, auch wenn die Geschäfte sich stark weiterentwickelt hätten. Das Zentrum bietet jetzt Plätze nicht nur für Badminton, Tennis und Squash, sondern auch ein sehr beliebtes Fitnessstudio. Dazu kommt ein Laden, in dem Sportartikel verkauft werden. Der Club heißt „Moving”, was passend zu den verschiedenen Geschäftsfeldern irgendwie universell klingt.
„Probiere aus, was am besten funktioniert”
Das klingt nach einer Menge Extra-Arbeit für einen aufstrebenden Profispieler, aber Wolfgang kann auch auf seinen Bruder Rüdiger zählen. Und wenn er trainieren muss, hat das klare Vorteile ‒ Zugang zu guten Plätzen, guter Ausrüstung und Trainingspartnern. Dazu kommt die unterstützende Kulisse der Clubmitglieder, die ihm zuschauen und persönliche Nähe zu ihm pflegen können.
Gnedt sagt: „Ich meine, das ist eine gute Teamarbeit. Wir versuchen, zusammenzuarbeiten und erleben, dass das besser funktioniert. Und wir sehen, wo noch Verbesserungspotential ist.”
„Moving" ermöglicht es ihm auch, regelmäßig Abstecher nach Norden zu Jürgen Kochs Bundesligaverein AskoTraun zu machen und dort mitzuspielen. Koch berichtet: „Er ist ein sehr guter Teamplayer.
Und ist als Mensch sehr fair. Es bereitet ihm Probleme, wenn etwas nicht fair abläuft. Solange er den Sport mag, wird er alles geben, was er kann.”
Und Koch fügt noch verschmitzt hinzu: „Aber manchmal fällt es ihm auch schwer, Dinge zu ändern, besonders wenn er sich nicht 100 % sicher ist, dass es richtig ist. Aber er ist selbstbewusst und kann über Misserfolge auch lachen.”
Gnedt ist zudem kritikfähig. „Das stimmt”, erkennt er selbst an. „Wenn ich nach einem System vorgehe, dann mache ich das auch richtig. Aber Flexibilität fällt mir irgendwie schwer, selbst wenn sie zu meinem eigenen Vorteil ist. Das ist etwas, das mir ein wenig fehlt, damit es funktioniert.
Wenn ich aber eine Pechsträhne habe, ziehe ich daraus auch meinen mentalen Vorteil“, meint er noch. „Ich bleibe positiv eingestellt.”
Und da sind sich Koch und Gnedt beide einig. Das Weihnachtsgeschenk hat seine Strahlkraft nicht verloren.